Stellungnahme: Selektive Wahrnehmung führt zu dramatischen Schlagzeilen
Ein Versuch, die albanischen Moscheen in der Schweiz zu tadeln, scheitert an seinen selektiven Fakten, führt aber zu neuen Vorurteilen und Ausgrenzung des albanisch-islamischen Lebens in der Schweiz.
Im Tages-Anzeiger vom 11. Oktober 2025 («Albanischer Islam in der Schweiz») stellt die
Journalistin Bettina Weber diverse Behauptungen gegen den DAIGS und seine Imame auf,
welche mit einem ruhigen und fairen Blick widerlegt werden können. Der Artikel folgt einem
bekannten Muster: Dramatische Schlagzeile, einprägsame Fotos und zugespitzte Zitate. Das
erzeugt Wirkung, verschiebt aber die Wahrnehmung.
Alle Moscheen und Gemeinden innerhalb des DAIGS stehen uneingeschränkt der ganzen Bevölkerung offen und können von allen Interessierten jederzeit besucht werden. Wie schon in der besagten Charta im Jahr 2017 kommuniziert wurde, bekennt sich der DAIGS zum Schweizer Rechtsstaat, der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und einem friedlichen Zusammenleben in der gesamten Schweizer Gesellschaft. Gegensätzliche Unterstellungen führen zu Intoleranz und Ausgrenzung, wogegen sich der DAIGS seit seiner Gründung einsetzt.
Die Journalistin prangert die Kleidung von kleinen Mädchen bei albanischen Anlässen und
Eröffnungen an. Es sind die typischen Stereotype: Die arme, unterdrückte Muslimin, oder das
unschuldige Kind, das früh in religiöse Schranken gezwängt wird. Der Artikel steht in klarem
Widerspruch zur gelebten, sichtbaren Realität, denn die albanische Community ist eine der
bestintegrierten Gruppen im Land, sichtbar in Schulen, Universitäten, Unternehmen und Politik.
Von Fussballerinnen über Juristinnen bis zu Psychologinnen gibt es unzählige Beispiele von
Frauen, die selbstbestimmt und erfolgreich leben, ob sie nun Kopftuch tragen oder nicht.
Es ist nämlich so, dass alle Mädchen auf diesen als Beweis herangezogenen Fotos im Alltag und in der Schule kein Kopftuch tragen. Ganz im Gegensatz zur subtilen Unterstellung kleiden sich diese Mädchen nur während zeremoniellen EröƯnungen oder während dem Koranunterricht so. Alles basiert zweifellos auf Freiwilligkeit und wird nicht vorgeschrieben.
Zudem werden Auftritte unserer Imame an Veranstaltungen kritisiert, wo sie nur als Gäste oder Moderatoren auftraten und keinen Einfluss auf die Rednerliste hatten. An einem besagten Anlass in Emsdetten war zudem der kritisierte Shefqet Krasniqi gar nicht anwesend.
Wenn zuweilen über problematische Auftritte einzelner Prediger berichtet wird, wird daraus ein Trend konstruiert. Unterschwellige Assoziationen ersetzen differenzierte Analysen. Eine
Gastreferentin hier, ein konservatives Lied dort und schon entsteht die Erzählung von einer ganzen Gemeinschaft, die angeblich immer problematischer wird. Was zählen sollte, sind aber
die Aussagen des DAIGS und seiner Imame und nicht die Äusserungen von Drittpersonen, die
zufällig in der gleichen Halle anwesend sind.
Unsere Charta von 2017 wird nicht als Leitlinie gelesen, sondern als Verdacht. «Wie passt das
zusammen?», fragt die Autorin, zitiert aber unsere Antworten im Vorfeld ihres Artikels nur in
minimalem Ausmass. Was bisweilen verschwindet, ist die Tatsache, dass die Charta in unseren Gemeinden ernst genommen wird und dass Rechtsstaatlichkeit und Freiwilligkeit unsere Massstäbe sind.
Journalismus darf kritisch sein, jedoch nicht nur die Bilder zeigen, die ins eigene Narrativ
passen. Wer sich für Integration interessiert, muss auch die betroffenen Frauen befragen, die
längst Teil dieser Gesellschaft sind. Wer über Religion schreibt, sollte auch die Vielfalt sehen,
die im Alltag gelebt wird. Ansonsten bleiben Klischees und der Versuch übrig, die muslimischen Gemeinschaften zu verunglimpfen.
Vorstand des DAIGS
Comments